Gewerbe- und Industrieflächenpolitik der Stadt Hilchenbach?

Anfrage zum Stadtentwicklungsausschuss am 6. März 2019

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

aus Anlass der im Auftrag der IHK Siegen erfolgten Identifikation von sog. Suchräumen für Gewerbe- und Industrieflächen im Stadtgebiet Hilchenbach durch die Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH und die Präsentation der Ergebnisse im Rahmen des letzten Stadtentwicklungsausschusses am 23.1. d.J. erlaubt sich meine Fraktion einige vertiefende Nachfragen und Klärungsbitten zur Gewerbe- und Industrieflächenpolitik der Stadt Hilchenbach.

Zum Hintergrund:
Zweifellos gibt es in unserer bergigen Landschaft starke Interessenkonflikte zwischen dem Bedarf an Gewerbe- und Industrieflächen (GIB) einerseits und der Notwendigkeit eines nachhaltigen Umgangs mit Flächen, dem Wunsch nach Erhaltung eines naturnahen Landschaftsbildes und dem Wunsch nach mehr Naturschutz. Letzterer erfordert angesichts des bedrohlichen Artenrückgangs Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität. Nicht zuletzt ist unsere Stadt als Mitglied des Naturparks Sauerland Rothaargebirge auch den Zielen und Vorgaben des VDN (Verband Deutscher Naturparke) für einen „Qualitätsnaturpark“ verpflichtet. In der Allianz für die Fläche wurden Ziele gesetzt, um mögliche Zielkonflikte zu regeln.

Umso wichtiger ist es, den unausweichlichen Bedarf an GIB sorgfältig zu ermitteln und zu prüfen, was in Hilchenbach zugleich notwendig und machbar ist. Hieraus ergeben sich folgende Fragen an die Verwaltung:

  1. Gelten die Ziele und Grundsätze der früheren Landesregierung für die Freiraumplanung noch (vgl. www.land.nrw/de/thema/landesplanung bzw. die Festlegungen im gültigen Regionalplan)?
  2. Wie hat die Stadt ihren Bedarf an GIB in den Jahren 2015 bis 2018 ermittelt und welche vorläufigen Schlüsse kann man daraus ziehen? Entsprechen diese ungefähr den standardisierten Annahmen aus der Gewerbe- und Industrieflächenbedarfsprognose (GIFPRO-Verfahren)?
  3. Wie steht die Stadt Hilchenbach zu dem Ziel der Landesregierung, den Flächenverbrauch in Zukunft drastisch zu reduzieren? Inwieweit verfolgt oder unterstützt die Stadt in diesem Zusammenhang Anregungen und Ziele der „Allianz für die Fläche“?
  4. Wie berücksichtigen die IHK bzw. die Stadt Hilchenbach den demografisch belegten und weiter zu erwartenden Rückgang der Einwohnerzahl? Wo sollen die Arbeitskräfte für Betriebserweiterungen bei Vollbeschäftigung und Einwohnerrückgang herkommen?
    Zur Illustration: Demografische Entwicklung Hilchenbachs (Quelle: Frank Luschei) Ew.-zahl 1980 ca. 15.200, 2018 ca. 15.500, Zunahme an Flüchtlingen und Senioren Die IHK erklärt eine Abnahme der sozialversich.-pfl. Arbeitnehmer von 1980 bis 2018 um 10,8%, also bei nahezu konstanter Bevölkerung und Abnahme der Arbeitslosigkeit. Prognose der Ew.-zahl bis 2030: -17,5 %!
  5. Warum hat die Stadt Flächen im Gewerbegebiet Vordere Insbach weit unter Preis verkauft, wenn die Nachfrage nach solchen Flächen doch so hoch und das Angebot so knapp ist?
    Zur Illustration: Kosten und Nutzen am Beispiel Vordere Insbach Größe 4,1 ha, Erschließungskosten ca. 2.100 T€ (incl. Fördermitteln = ebenfalls Steuergelder!) Verkaufserlöse 550 T€ entspr. 13,40 €/m² Bruttofläche Verluste der Stadt 1.550 T€ Gewerbesteuer + Grundsteuer geschätzt 95 T€ Amortisation also in ca. 16 Jahren
  6. Wie viele Unternehmen mit wie vielen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen sind in den letzten 5 Jahren aus Hilchenbach in eine andere Kommune abgewandert, weil Gewerbeflächen fehlten? Wohin sind diese abgewandert?
  7. Wie viele Firmen mit wie vielen sozialversicherungspflichtigen Arbeitslätzen wären in den letzten fünf Jahren nach Hilchenbach gekommen, wenn es entsprechende Gewerbeflächen gegeben hätte? Wo hatten diese Firmen ihren aktuellen Standort?
  8. Wie viele Anfragen von Hilchenbacher Firmen gibt es pro Jahr, die ihr Betriebsgelände in ein neues Gewerbegebiet verlagern möchten?
  9. Da die Vordere Insbach stets als Musterbeispiel langfristig angelegter Gewerbeflächenpolitik herangezogen wird, fragen wir auch dazu: Wie viele zusätzliche Unternehmen, die zuvor ihren Sitz nicht in Hilchenbach hatten, haben sich in der Vorderen Insbach angesiedelt und wie viele zusätzlich Arbeitsplätze sind dadurch geschaffen worden? Wie viele Betriebe haben sich innerhalb unserer Stadt in die Vordere Insbach umgesiedelt? Wie viele Unternehmen sind dort insgesamt derzeit angesiedelt mit wie vielen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen?
  10. Der sv. Geschäftsführer der IHK unterstellt, dass mangels Erweiterungsmöglichkeiten das vorhandene Gewerbe auf Dauer keine Zukunft habe. Teilt die Stadt Hilchenbach diese Auffassung bzw. sieht sie ebenfalls die Gefahr, dass Arbeitsplätze wegen fehlender Gewerbeflächen aus Hilchenbach abwandern könnten? Welche Belege gibt es nach Kenntnis der Wirtschaftsförderung, dass in Hilchenbach ansässige Unternehmen wegen fehlender Erweiterungsmöglichkeit Hilchenbach verlassen hätte oder sich mit dem Gedanken daran tragen würde?
  11. Der sv. Hauptgeschäftsführer der IHK stellt den grundsätzlichen Schutzwert des Waldes in Frage mit dem Hinweis, dass es davon in unserer Region ja genug gebe. Dies steht im Widerspruch zum Freiraumschutz und zur Flächenpolitik des Landes. Wie verhält sich die Stadt Hilchenbach zu der Auffassung des Regionalrats?
  12. Die IHK hat drei Suchräume (Oberbach, Insbach, L728) identifiziert. Wie schätzt die Stadt Hilchenbach die Aussichten auf eine mögliche Ausweisung als GIP ein und welche Planungszeiträume bis zu einer eventuellen Erschließung setzt sie dafür schätzungsweise an?

Angesichts der Komplexität des Themas bitte ich für die Umfänglichkeit des Fragenkatalogs um Verständnis.

gez. Dr. Peter Neuhaus
(Fraktionssprecher Grüne Hilchenbach)

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